Frederic blickte zufrieden über das blauweiße Fahnenmeer um ihn herum. 70.000 Zuschauer und deutlich mehr als die Hälfte davon bejubelte nun das 1:0 gegen Dortmund. Zwei Minuten waren noch zu spielen und so wie es aussah würde sich nicht mehr viel tun. Gut gelaunt bahnte sich Frederic seinen Weg zur Presselounge. Einen Aufhänger für den Artikel hatte er auch schon im Kopf. Heute war der 15. August und die erste Zeile würde lauten: "Alles andere als 0815 spielten die Knappen am 15.08!", so in etwa. Überschrift: "Sehenswertes Lokalderby!" Die Pressekonferenz war angenehm kurz, die anschließende Currywurst ausgesprochen schmackhaft. Fussball blauweiß, Pommes rotweiß - so war das Leben ok! Wie immer nach einem Ruhrpotttduell leerte sich der Parkplatz nur sehr langsam und Frederic verweilte noch ein wenig an sein schneeweißes Golf-Cabrio gelehnt in der Sonne. Er drehte das Autoradio noch ein wenig lauter und zündete sich eine Zigarette an. "...Was sind das bloß für Menschen die Beziehungen haben? Betrachten die sich denn als Staaten? Die verführen sich nicht! Die entführen sich höchstens...die enden wie Diplomaten." , Heinz Rudolf Kunze hatte es erfasst! Eigentlich ganz geil das Lied, schöner Hook, geht ins Ohr. Heinz Rudolf... David Alexander... Jan-Kevin, Doppelnamen waren anscheinend immer populär. Frederic bließ eine Rauchwolke durch die heiße Luft, zog die Sonnenbrille ab und steckte sie sich ins Haar. Ein paar Meter entfernt nur mündeten zwei traumhafte Gazellenbeine in einem prächtigen Knackarsch. Darüber wackelte bedrohlich die Motorhaube eines gebrechlichen Asconas. Öliger Rauch quoll aus dem Motorraum. Der Anblick erinnerte an einen zahnlosen Drachen bei einem Jungfrauen-Snack. Hmm...das galt es doch mal näher zu betrachten. Frederic schnappte sich eine Flasche Mineralwasser aus seiner Kühlbox und ging auf das Wrack zu. Zickiges Gefluche klang gedämpft durch den Rauch. Ein vielleicht zwölf Jahre alter Junge in voller blauweißer Fanmontur stand neben der geöffneten Fahrertür und gab einer vollkommen entnervten, dicklichen Frau am Steuer gute Tipps.
"Braucht ihr Hilfe? Sieht aus, als ob die Karre völlig überhitzt wäre.", Frederic deutete auf die Wasserflasche.
"Ach was?! Hammer-Diagnose...", ein verschmiertes, aber durchaus hübsches Gesicht tauchte unter der Haube auf. Die Schalker Kriegsbemalung hatte einige Zusatzstreifen in schwarzbraun erhalten. "Mit Wasser hab ich`s auch schon probiert. Da scheint ein Schlauch oder sowas lose zu sein. Scheiße!", fluchte die bunte Schönheit.
Die Dicke hatte sich aus dem Sitz gepellt und lugte nun von gegenüber unter der Haube durch. "Wer is`n das? Hallo? Ham sie ne Ahnung von Autos?"
"Darf ich mal?", Frederic beugte sich routiniert über den Motor, rüttelte an verschiedenen Dingen und prüfte die Leitungen. "Ja.. dachte ich mir! Da ist ein Schlauch oder sowas lose!", er grinste. Die beiden Frauen wechselten genervte Blicke.
"Läßt er sich denn überhaupt noch starten?", fragte Fredric.
"Nein! Die scheiß Kiste fährt nur, wenn sie Lust hat!", antwortete die Dicke.
Frederic wischte sich die Finger mit einem Taschentuch ab und reichte Mineralwasser und Tücher an die Hübsche weiter. "Einen Moment!", sagte er und zwinkerte.
Er stieg in seinen Wagen und manövrierte ihn geschickt rückwärts vor den Opel.
"Einsteigen bitte!", forderte er die Mechanikerin auf.
"Der Kollege kann auch vorne mit, ist sicherer!", er deutete auf den Jungen.
"Was soll`n das? Und ich bleib hier, oder was?", fragte die Dicke verwirrt. Es war wirklich ein heißer Tag!
"Sie lenken... und bremsen bei Bedarf. Aber vorsichtig! Sonst reißt das Seil!", Frederic hatte bereits angeleint.
"Aber wir haben jetzt gar kein Geld für ne Werkstatt dabei! Das wär eh zu teuer zur Zeit. Aber danke für..."
"Habt ihr noch sechs Mark?", unterbrach Frederic.
"Ja sicher...aber...", meinte die Dicke.
"Das reicht für`n Kasten Bier!", Frederic stieg ein und startete den Wagen. "Gang raus! Bremse los! Nicht bremsen, wenn ich nicht bremse! Wir sind in ner halben Stunde bei Werner!"
"Wer ist Werner?", fragte seine Beifahrin und wischte sich die Schminke aus dem Gesicht.
"Mein Schrauber!", gab Frederic zurück, "Zuverlässiger als der ADAC und billiger als ALDI!"
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