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Dienstag, 8. Juni 2010

Onlineroman: Caspar - David - Frederic Teil9

Das Guinnesbuch war tatsächlich eine interessante Lektüre. Die dienstälteste Glühbirne der Welt brannte beispielsweise in der Feuerwache von Livermore in Kalifonien, seit beinahe hundert Jahren! Ihr zu Ehren gab es Feste und Paraden, Touristen kamen aus der ganzen Welt. Für eine Glühbirne! Der Anzug hatte sich von der Runde verabschiedet und Fräullein Ennert angeboten sie mitzunehmen. Dave verlängerte seine Mittagspause im Biergarten um sich noch ein paar Rekorde vorlesen zu lassen. Faszinierend! All diese Leute hatten es mit Geduld, Begeisterung und Schweiß zwischen die Pappdeckel dieses Standardwerks geschafft. Noch in zweihundert Jahren würde man ihre Namen dort lesen können. Dave konnte zwar eine Menge Beharrlichkeit an den Tag legen, aber Begeisterung war ihm meistens eine Spur zu laut. "Ach ja! Die Sammelrekorde! Das sind die echten Spinner!", lachte Walldorf.
Dave wurde hellhörig. "Was genau wird denn da gesammelt?", erkundigte er sich. Bündelholz grinste, "Alles Mögliche! Und Umögliche! Völlig bescheuert!".
"Kronkorken, Postkarten, Apfelsinenverpackungen... unfassbar! Radiergummis!", ergänzte Walldorf stöbernd. "23.500 Anstecknadeln! Wahnsinn!"
David hatte als Kind viele Dinge gesammelt und dieses Hobby immer als äußerst befriedigend empfunden. Vor allem Postkarten aus allen Ländern der Erde hatten es ihm damals angetan. Und mit sowas konnte man bekannt werden? Dave spürte den Hauch einer Gelegenheit.
"Darf ich mal kurz?", er deutete auf das Buch.
"Aber klar doch, klar doch! Aber vorlesen!", lachte Walldorf.
Dave traute seinen Augen nicht. Eine ganze Doppelseite war dem Sammelwahn gewidmet. Frösche, Hunde, handsignierte Unikate berühmter Persönlichkeiten, tatsächlich Kronkorken, Biergläser und... Moment.
"Bierflaschen!", murmelte Dave.
"Ja?", grinste Walldorf, "Wieviele?"
"Hmm? Äh Nein! Gar keine!", gab Dave zurück.
"Und das steht da drin?", wollte Bündelholz wissen. Es war wirklich ein ziemlich heißer Tag.
"Nein Nein!", sagte Dave, "Eben nicht! Bierdeckel und Gläser, aber keine Flaschen!"
Und dabei gibt es bestimmt hunderte Sorten, dachte er.
"Ja... schade.", meinte Walldorf etwas iritiert. Er nahm das Buch wieder an sich und überflog noch einmal reflexartig die Doppelseite.
"Wißt ihr, was WIR als Halbstarke gesammelt haben?", Bündelholz kramte grinsend in seiner Hosentasche und zog einen schmalen Pappstreifen hervor. "Zigarettenblättchen! Mit Nummern drauf, hier...", er deutete auf die winzigen Ziffern. "Es gibt 5, 10, 15 und 20 Punkte. Wenn man 10.000 Punkte zusammen hat und einschickt bekommt man 100.000DM!", Bündelholz lachte, "Und wir haben das geglaubt!"
"Dann gibt`s für 10.000 von denen hier aber auch einen nagelneuen Rolls-Royce.", Walldorf hatte eine Schachtel Marlboros hervorgezogen und während er sich bei der Gelegenheit gleich eine anzündete nickte er zur Schachtel. "Die weißen Zipfel unten, die muss man ausschneiden und einsenden. Ich hab das sogar mal ausgerechnet, man würde einen satten Gewin einstreichen!"
"Du weißt schon, was diese weißen Zipfel bedeuten? Und die drei Ks auf der Packung?", Bündelholz zog bedeutungsvoll die Brauen hoch.
David wußte was jetzt kam, Blödsinn höchster Güte, aber das störte ihn wenig. Er war dankbar für den Sonnenschirm, sein kühles alkoholfreies Bier und vor allem dafür, dass er nichts weiter tun brauchte als halbwegs erstaunt zu wirken und "Ach was?", oder ähnliches zu sagen, sobald der Heini seine Geschichte zuende erzählt hatte. Die Aussicht am Wochenende Mae wieder zu sehen und dazu bald noch ein neues Hobby zu beginnen versetzte ihn in Hochstimmung. Nicht, dass seine Banknachbarn davon irgendetwas ahnen konnten. Davids Innenleben war sicher hinter einem viel zu komischen Gesicht versteckt. Nichtmal er selbst schaffte es immer an seiner prächtigen Nase vorbei zu schauen und er nahm es seinen Gesprächspartnern nicht übel, wenn sie ihnen als Blickfang diente. Darüber hinaus verströmte Daves Anwesenheit immer eine fast beunruhigende Ruhe.
"....Und zwischen den Beinen der beiden Pferde im Logo erkennt man doch sofort zwei Kapuzenmänner die den Slogan: Veni,Vedi, Vici halten!", beendete Bündelholz soeben seinen äußerst erbaulichen Monolog über die geheimnisvollen Verbindungen der Tabakindustrie.
"Ach was?", meinte David erstaunt.
"Jaja! Unfassbar nicht wahr? Und bei Lucky Strike gibt es auch so merkwürdige Anzeichen!"
Die kannte Dave nun noch nicht und wollte sie eigentlich auch gar nicht wissen. "Ach was?", probierte er leicht verzweifelt.
"Ich hab gerade keine Packung da, aber das Logo kennt ja jeder. Im Prinzip entspricht die Schachtel ja der japanischen Flagge, nicht wahr? Und dann der Markenname mittendrin: Lucky Strike! Glücklicher Treffer! Na, dämmert`s?"
Es dämmerte tatsächlich, doch die Konsequenz dieser Herleitung war so unfassbar dämlich,dass Dave sich die Antwort lieber sparen wollte. Zum Glück kam ihm der begeisterte Walldorf zuvor.
"Hiroshima?! Das ist schon sehr unheimlich!"
"Ja, es gibt doch mehr geheime Verbindungen als man zunächst glauben mag. Ich zieh nachts für alle Fälle immer den Stecker aus der Telefonbuchse! Mich hört so leicht keiner ab!", Bündelholz grinste clever. Dave nickte anerkennend und blickte dann auf seine Armbanduhr.
Walldorf trank den letzten Schluck Bier aus und reichte Dave die Hand. "Ich muss dann auch mal wieder los. Irgendwann muss ich heute leider auch noch arbeiten. Schönen Tag noch. Lars?"
"War nett sie kennenzulernen Dave. Vielleicht trifft man sich ja nochmal.", verabschiedete sich abhörsichere Marketingfuzzi rasch.
Dave nickte. "Ebenso... Schönen Tag..."
Er hatte bereits eine Strategie im Kopf und mit Caspars und Frederics Hilfe konnte er rechnen. Immerhin.. es ging um Bier!

1 Kommentar:

  1. Es wurden noch keine Korrekturen vorgenommen... Rechtschreibung etc.
    Ich hoffe mal das stört den Lesefluss nicht wesentlich.

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